Polizeigewalt in Bonn ist kein Einzelfall – Unsere Stellungnahme zum Übergriff auf Herrn Melamed

Polizeigewalt in Bonn ist kein Einzelfall – Unsere Stellungnahme zum Übergriff auf Herrn Melamed

Was ist passiert?

Die Bonner Polizei wurde am 12.07.2018 zu einer antisemitischen Straftat im Hofgarten gerufen. Ein 20-jähriger Deutscher mit palästinensischen Wurzeln hatte einen fünfzig Jahre alten jüdischen Professor aus den USA antisemitisch beleidigt und ihm mehrfach die Kippa vom Kopf geschlagen, auch soll der Aufruf „Keine Juden in Deutschland!“ gefallen sein. Der Täter versuchte, beim Eintreffen der Polizisten zu fliehen. Das Opfer versuchte, eine Flucht zu verhindern und rannte ihm hinterher. Das Opfer blieb auch auf mehrfache Aufforderung der Polizei nicht stehen, wurde dann aber schließlich durch diese fixiert, auf den Boden gebracht und mehrfach ins Gesicht geschlagen, da die Beamten das Opfer für den Täter hielten und es sich bei seiner Festnahme wehrte.

Nun erhebt der jüdische Professor Jitzchak Jochanan Melamed von der Universität Baltimore schwere Vorwürfe gegen die Polizei: Er habe sich bei der Festnahme nicht gewehrt und wurde von den Beamten dutzende Male ins Gesicht geschlagen, bis er blutete. Die Polizeibeamten ließen von ihm, selbst als er auf dem Boden lag, nicht ab.

Melamed beschreibt das Vorgehen der Beamten als „äußerst brutal“. Nachdem er die Polizisten auf ihre Fehler hingewiesen hatte, erwiderten diese: „Don’t get in trouble with the German police!“. Melameds Vorfahren wurden von Deutschen während des Holocaust ermordet!

Auf der Polizeiwache wurde Melamed, laut eigener Aussage, über eine Stunde festgehalten. In dieser Zeit wurde versucht, eine Beschwerde gegen die Bonner Polizei zu verhindern. Einer der Polizisten rechtfertigte die Schläge: Melamed hätte ihn an der Hand berührt. Dies weist Melamed entschieden zurück.

Am Ende der Befragung hätten die Beamten ihm deutlich gemacht, dass sie, sollte er sich über sie beschweren, gezwungen wären, ihn zu beschuldigen, sich seiner Festnahme widersetzt zu haben.

Ein unbeteiligter Beamter einer anderen Polizeiwache, auf die Herrn Melamed nach den Drohungen gebracht wurde, fragte Melamed mit Blick auf dessen geschundenes Gesicht, ob der Tatverdächtige dies verursacht hätte. Dies verneinte Melamed.

Noch am nächsten Tag traf sich Melamed mit der Bonner Polizeipräsidentin Brohl-Sowa, welche sich bei ihm für den Vorfall entschuldigte. Danach veröffentlichte die Bonner Polizei eine Pressemeldung, die laut Melamed nicht seinen Angaben entspricht und seiner Meinung nach auch nicht den Tathergang widerspiegelt. Darüber hat er sich sehr geärgert, weil dies aus seiner Sicht eine Verdrehung der Geschehnisse und „grundlose Lüge“ ist.

 

Was wir uns Fragen:

Wir verurteilen das Verhalten der Bonner Polizei aufs Schärfste und sind fassungslos über die Unprofessionalität, Inkompetenz und Brutalität, mit der hier gegen einen Menschen vorgegangen wurde. Uns stellen sich folgende Fragen:

  • Wie ist es möglich, Opfer und Täter zu vertauschen, obwohl die Altersspanne zwischen ihnen bei 30 Jahren liegt?
  • Warum schlägt ein Polizist einen bereits am Boden liegenden, fixierten Menschen ins Gesicht?
  • Warum ist bei einer Festnahme eines 50 Jahre alten Mannes bei Anwesenheit von mehreren Beamten überhaupt eine solche Gewalteinwirkung notwendig?
  • Warum bedroht ein Polizist einen am Boden liegen Menschen, er solle sich nicht mit der deutschen Polizei anlegen?
  • Warum wird ein OPFER mehr als eine Stunde auf einem Präsidium festgehalten und dazu genötigt, keine Dienstaufsichtbeschwerde zu stellen?
  • Warum drohen die Polizeibeamten dem Opfer, es einer Straftat zu bezichtigen, sollte es eine Beschwerde schreiben?
  • Warum enthält die Polizeimeldung der Bonner Polizei trotz eines klärenden Gesprächs mit der obersten Chefin der Bonner Polizei, Frau Brohl-Sowa, vermeintlich Falschaussagen und Verdrehungen der Tatsachen?

Warum es kein Einzelfall ist?

Die Bonner Polizei hat kein Antisemitismusproblem, die Bonner Polizei hat aber sehr wohl ein Strukturproblem. Beamte denken, sie stünden über dem Gesetz, aus der höchsten Chefetage der Bonner Polizei wird den Beamtinnen und Beamten vorgeschrieben „hart durchzugreifen“, wie uns auch Polizeidirektor Manfred Kaiser im persönlichen Gespräch mitteilte.

Das Vorgehen, hart durchzugreifen, danach einen falschen Einsatzbericht zu schreiben und das eigene Vorgehen dadurch rechtzufertigen, ist uns wohlbekannt.

Diese Erfahrung mussten wir auch bei einer WG-Party am 01.12.2017 machen. Ein Nachbar fühlte sich durch die Party gestört und rief die Polizei. Die Ruhestörung entstand durch zwei Teilnehmer, welche auf dem Balkon Pfeifen übten.

Beim Eintreffen der Polizei dachten die Beamten, sie würden ausgepfiffen. Dies nahmen sie als Grund, die Party aufzulösen. Eine massive Ruhestörung lag definitiv nicht vor.

Nach längerer Diskussion an der Wohnungstür drangen die Beamtinnen und Beamten gegen den Willen des Mieters in die Wohnung ein, drangsalierten Partygäste (vornehmlich Studenten und Pfadfinder), schickten Gäste ohne Jacke, Schlüssel oder Geldbeutel aus der Wohnung (im Dezember bei ca. 3 Grad). Sie gingen mit äußerster Brutalität gegen den Gastgeber vor: Als dieser bei einem Übergriff eines Polizisten auf einen Gast seine Hand zwischen die beiden Personen hielt, ohne einen davon zu berühren, schubsten die Beamten ihn auf ein Sofa. Dann wurde er von mehreren Beamten hochgehoben, mehrfach gegen die Wand geschlagen und schließlich in Handschellen gelegt.

Wir waren schockiert über diesen Einsatz und das Vorgehen und verfassten daher einen Brief, den wir an die Polizei schickten. In diesem baten wir um ein persönliches Gespräch.

Kurz darauf wurden wir zu einem Gespräch mit Herrn Polizeidirektor Manfred Kaiser und Herrn Klaus-Peter Kappelner, Leiter der Wache an der Bornheimer Straße, eingeladen, um die Vorfälle zu besprechen.

Im Rahmen dieses Gesprächs stellten wir fest, dass in dem Polizeibericht über den Einsatz in unserer WG viele Sachverhalte absichtlich falsch dargestellt wurden:

Zum Einen wird behauptet, alle Nachbarn hätten beim Eintreffen der Polizei die Türen geöffnet und auf unsere Wohnung gezeigt, genau diese Nachbarinnen und Nachbarn haben uns aber als Zeugen in unserer vorbereiteten Anzeige versichert, dass es keine Ruhestörung gab.

Zum Anderen hätte der Gastgeber seine „Muskeln spielen lassen“, wir hätten die Tür nur einen Spalt breit aufgemacht (wir standen mit vier Leuten in der Tür) und wären außerordentlich „frech“ gewesen, was sich wahrscheinlich darauf bezieht, dass den Polizisten die Illegalität ihres Einsatzes vorgehalten und auf unsere Grundrechte hingewiesen wurde.

Nach dem Gespräch und der Zusicherung, den Vorfall erneut intern aufzuarbeiten, haben wir uns dazu entschieden, nicht an die Öffentlichkeit zu gehen und von einer Anzeige abzusehen. Nun müssen wir aber leider feststellen, dass erneut Vorfälle, in denen die Polizei Ihre Machtstellung vor Ort massiv missbraucht, stattfinden. Es fand keine Aufarbeitung statt! Die Bonner Polizei hat ein Strukturproblem.

Frau Brohl-Sowa scheint ihre Truppe von randalierenden, bewaffneten, sich nicht an das Gesetz haltenden Polizistinnen und Polizisten nicht in den Griff zu bekommen. Genau diese Gruppe schadet aber dem gesamten Ansehen nicht nur der Bonner Polizei, sondern der Polizei insgesamt.

Daher sehe ich mich in der Pflicht unseren Brief über den Vorfall in unserer WG an Frau Brohl-Sowa zu veröffentlichen, um darauf hinzuweisen, dass ein Problem tatsächlich existiert und behoben werden muss.

Unseren nun offenen Brief an die Polizei Bonn finden Sie hier: KLICK MICH

Auch eine mögliche Anzeige werden wir nun erneut prüfen.

Unabhängig von unserem Vorfall sind wir allerdings schockiert über das Verhalten der Beamtinnen und Beamten. Dass Fehler passieren, dass es schwarze Schafe in der Polizei gibt, ist klar. Dass diese schwarzen Schafe aber von anderen Beamtinnen und Beamten gedeckt werden, dass Opfer von Polizeigewalt mit einer Anzeige bedroht werden, wenn sie auf diesen Umstand hinweisen, dass sie mehr als eine Stunde festgehalten und bedrängt werden, obwohl sie die Opfer sind, macht uns sprachlos und wütend. Wir schämen uns zutiefst für das Verhalten dieser Beamten.

Sehr geehrte Frau Brohl-Sowa,

es herrschen offenbar massive Missstände innerhalb der Reihen der Polizei. Herr Melamed hatte Sie in einem persönlichen Gespräch ausdrücklich über die Bedrohungen, Nötigungen und Brutalität der Beamten unterrichtet. Trotzdem wurde als Pressebericht ein Polizeibericht über diesen Vorfall veröffentlicht, der offenkundig Lügen und Falschaussagen enthielt. Das lässt uns an Ihrer Integrität und Neutralität, sowie Ihrem Standpunkt gegenüber dem Grundgesetz, welches die Würde des Menschen über alles stellt, zweifeln.
Sollten die Aussagen des Professors stimmen, haben Sie aktiv dazu beigetragen, einen Übergriff der Polizei gegen einen unschuldigen Menschen zu verschleiern und ihn in den Medien darzustellen, als hätte er die Schläge selbst zu verantworten, da er sich gegen die Polizei gewehrt hätte. Ihr Pressesprecher spricht davon, „Verantwortung hierfür [zu tragen]“. Wenn diese Vorwürfe stimmen, dann sollten Sie dies tun und Ihren Hut nehmen.

Quellen:

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